Zum Dinner eine Leiche by Barnes Linda

Zum Dinner eine Leiche by Barnes Linda

Autor:Barnes, Linda [Barnes, Linda]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


ZWÖLF

Spraggue ließ sich behutsam auf den Boden nieder und drückte seine Wirbelsäule flach auf den Teppich. Die unsanfte Begegnung mit den Rausschmeißern machte sich pochend in seinem Kreuz bemerkbar. Er absolvierte eine Entspannungsübung, auf die ein anderer ehemaliger Schauspiellehrer geschworen hatte. Zehnmal.

Es funktionierte nicht.

Joseph Fontenot. Jacques Forte. Und James French. Hatte er noch andere falsche Namen gehabt, andere Identitäten? Spraggue spürte den ersten Anflug von Mitgefühl, eigentlich eher Nachempfinden, für den toten Mann. Er kannte das Verlangen, mehr als nur ein kurzes, vorherbestimmtes Leben zu führen, an der freien Wahl gehindert durch die Umstände der Geburt. Immer nur Entscheidungen der Art treffen zu können, die Pferden mit Scheuklappen erlaubt sind, Tieren, die nur die breite Straße vor sich sehen, statt die Hunderte faszinierender, gewundener Wege zu beiden Seiten. Die Schauspielerei erlaubte ihm, in andere Häute zu schlüpfen, mit anderen Möglichkeiten zu experimentieren, und mit anderen Leben.

Die Arbeit als Privatdetektiv besaß den gleichen Reiz. Sein größter Aktivposten war seine Anpassungsfähigkeit, mit sicherem, ruhigem Selbstvertrauen jede Rolle spielen zu können, die in einer bestimmten Situation gerade erforderlich war. Er hatte das Gesicht dazu, unauffällig und flexibel. Wenn ein Theaterstück eine Doppelrolle erforderte, fiel die Wahl für gewöhnlich auf ihn.

Joe Fontenot, Dieb, Betrüger und Heiratsschwindler, hatte mehr als ein Leben geführt. Und das in der wirklichen Welt, nicht auf der Bühne. Spraggue fragte sich, wie es wohl sein würde — den Namen zu ändern und den Gang und die Haare und die Kleidung, um woanders noch einmal ganz von vorn anzufangen, ein frisch geborener Fremder in einem sauberen Land, befreit von den Fesseln der Vergangenheit.

Wie hatte ‹James French› seine Fesseln abgestreift? Selbst wenn man wegen tadelloser Führung vorzeitig auf Bewährung entlassen wurde, mußte man sich doch strengen Auflagen unterwerfen. Auf Bewährung entlassene Häftlinge, die die Behörden vielleicht zu einer halben Million Dollar und einem oder zwei Mördern führen konnten, mußten mit schärferer Überwachung rechnen als andere.

Aber ‹French› hatte ein ausgezeichnetes Doppelleben parat — seinen richtigen Namen — und eine Frau und eine Tochter, die sich freuten, ihn zu Hause willkommen zu heißen, ohne Fragen zu stellen.

Hatte Jeannine Fragen gestellt? Hatte Aimée sich gefreut?

Sergeant Rawlins’ Enthüllungen hatten die Gruppe der Menschen, die Joe Fontenot womöglich am liebsten tot sehen wollten, erheblich vergrößert. Zellenkumpane, Angehörige des ermordeten Sicherheitsbeamten, Komplizen...

Vielleicht hatte Fontenot seine Partner ausfindig gemacht und reiche Belohnung für sein Schweigen verlangt. Abgesehen von seinem rechtmäßigen Anteil an der nicht sichergestellten halben Million.

Der Raubüberfall hatte neunzehnhundertsechsundsechzig stattgefunden. Siebenundsechzig der Prozeß. Sechs Jahre Haft. Neunzehnhundertdreiundsiebzig. Fontenot war über zehn Jahre aus dem Gefängnis gewesen. Aber erst, als er vor sechs Monaten seinen Stiefbruder T-Bob beerbte, hatte er begonnen, größere Summen auszugeben. Das behauptete wenigstens Jeannine Fontenot.

«Wünschen Sie noch etwas?» Pierce’ schwarze Hochglanzschuhe drückten dreißig Zentimeter von Spraggues rechter Schulter den Teppichflor platt. Spraggue war sich der Anwesenheit des Butlers bewußt gewesen, der Aschenbecher reinigte, mit Gläsern klirrte und den Wagen des Zimmerservice auf den Gang gerollt hatte, aber die plötzliche Frage erschreckte ihn.

«Gehen Sie zu Bett», sagte Spraggue. «Mary ist bestimmt erst in ein paar Stunden zurück.



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